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Das neue Gesicht Deutschlands
17. September 2009 Vor einem Jahr, im August 2008, schickte sie Fotos zur Agentur m4models in Hamburg. „Ein bisschen Taschengeld wäre nicht schlecht, habe ich mir gedacht.“ Als sie sich persönlich vorstellte, waren Scouting-Chef Tuomas Ahonen und Agenturchefin Claudia Lorenz sofort von ihr überzeugt, von Größe (1,81), Maßen (81-60-89), klassischen Linien, geradezu osteuropäisch hohen Wangenknochen – und von ihrem Selbstbewusstsein. Im Herbst zog sie aus dem Schwabenland nach New York. Im Februar und März lief sie in ihrer ersten Saison gleich in 49 Schauen. Und nun steht sie bei models.com im Ranking der besten Models der Welt auf Platz 25 – und wartet am Dienstagabend, frisch geschminkt, im Zelt der New Yorker Modewoche im Bryant Park auf ihren nächsten großen Auftritt.
Vor Karolin Wolter hat es viele deutsche Models gegeben – von Claudia Schiffer über Julia Stegner bis Toni Garrn. Aber wohl keine ist so schnell in den Laufsteg-Olymp aufgestiegen, also nicht in die virtuelle Fernsehwelt der „Topmodels“, sondern die wirkliche Welt der Topmodels, die in Castings Ablehnungen ertragen können, die bei den Schauen trotz mieser bis gar keiner Bezahlung gute Laune haben, die genug Geduld haben, auf die richtigen Werbeaufträge und die Shootings mit den besten Fotografen zu warten – und die nicht ins Kataloggeschäft abrutschen.
Vor einem Jahr zog die Schwäbin nach New York
Karolin Wolter ist mit genug Selbstbewusstsein gesegnet, obwohl sie gerade erst 18 Jahre alt ist. Sie ist offen genug, sich auf viele Menschen einzustellen, smart genug, sich einzufügen, und professionell genug, pünktlich zu sein. Die als typisch deutsch geltenden Sekundärtugenden sollte man nicht unterschätzen. „Zickig zu sein ist nicht mehr angesagt“, sagt Claudia Midolo von der Hamburger Agentur Modelwerk, die Toni Garrn entdeckt hat und im Modezelt mit ihrer neuen Neuentdeckung Anne Sophie Monrad auf gute Aufträge hofft. „Die Attitüden müssen positiver Natur sein – und nicht ins Negative abrutschen. Wenn backstage jeder meint, er sei der Star: der Make-up-Artist, der Friseur, der Designer und die Models auch noch – dann klappt nichts mehr.“
Karolin Wolter muss man nicht dreimal für die Anprobe des ersten Looks aufrufen. Sie läuft an ihren Ständer, hat in zehn Sekunden das Kleid der Marke Willow an, verrenkt sich für die Fotografen – und zeigt damit, dass sie nicht nur die Kamera souverän beherrscht, sondern sich auch über die schrägen Posen der Werbekampagnen lustig zu machen weiß. Vielleicht hat ihr auch diese lockere Selbstgewissheit den Weg geebnet zu den Marken Gianfranco Ferré und Missoni, in deren Herbst-Werbung sie gerade zu sehen ist. Vielleicht ist es auch ihre Wandlungsfähigkeit: Sie wirkt damenhaft auf dem Laufsteg von Badgley Mischka, mädchenhaft bei Behnaz Sarafpour, avantgardistisch in der Zeitschrift „i-D“ (Juni), akrobatisch in der russischen „Vogue“ (September), punkig in „Harper’s Bazaar“ (August).
Wichtig, sagt sie, sei eine Strategie. Der Karrierestart fordert Geldverzicht: „Erst mal kommt die Imagebildung.“ Sie muss Casting-Direktoren überzeugen und auf den Schauen in New York, London, Mailand und Paris ihre Runden drehen (der Auftritt bei Willow ist schon ihr 13. nach nur wenigen Tagen „Fashion Week“). Sie muss zu Bilderstrecken in den richtigen Magazinen kommen und auf ein Shooting mit Steven Meisel für die italienische „Vogue“ hoffen. Die lukrativen Werbeaufträge, wie sie Julia Stegner im Frühherbst ihrer Karriere nun mit „Maybelline“ eingegangen ist – die müssen warten. Sie darf nicht zu früh zu kommerziell werden. „Ich habe schon viele Angebote abgesagt.“
Nach all den Brasilianerinnen und Osteuropäerinnen suchen die Marken nun nach dem klaren Gesicht mit blauen Augen und blonden Haaren. Exotische Looks sind nicht mehr so gefragt; Naomi Campbell hat sich gerade mal wieder beschwert, dass schwarze Models kaum noch gebucht würden. Neben den Skandinavierinnen und den Holländerinnen profitieren vor allem die deutschen Models von dem Trend: Toni Garrn, die allerdings gerade aussetzt und in Hamburg Abitur macht, Katrin Thormann, die schon auf dem Titel der italienischen „Vogue“ war, oder eben Anne Sophie Monrad aus Flensburg, die backstage bei Willow etwas unentschlossen hinter einer Stellwand steht und immerhin schon eine Option für die Prada-Schau in Mailand hat.
„Das Abitur rennt mir nicht weg“
Sogar der deutsche Mann, das schwache Geschlecht im Modelgeschäft, findet endlich Anerkennung. Der Tübinger Steffen Weng wurde am Montag für die nächste Levi’s-Kampagne fotografiert, und der Hamburger Niels Raabe durfte für Mario Testinos Boss-Bilder vor die Kamera.
Karolin hat es noch nicht bereut, nach der elften Klasse von der Schule abgegangen zu sein. „Das Abitur rennt mir nicht weg“, sagt sie mit schwäbischem Zungenschlag. Sie stammt aus Isingen, einem Stadtteil von Rosenfeld nördlich von Rottweil, der Vater ist Lehrer, die Mutter arbeitet in einem Wohnheim für geistig Behinderte. Ihre beiden Geschwister leben ebenfalls fern der Modewelt. Der 22 Jahre alte Bruder ist Software-Spezialist, die 20 Jahre alte Schwester Studentin. Ein bisschen Heimat hat sie aber auch in New York: Mit Tabea Koebach, einem weiteren Nachwuchsmodel aus Süddeutschland, wohnt sie an der Lower East Side zusammen. „Da kann man sich dann mal ausheulen.“ Sagt’s, winkt noch mal schnell – und dreht ihre nächsten Runden auf dem langen Weg über die Laufstege.
faz.net